Die Obergrenzen respektieren …

Von Renée Arnold, Christine Bachmeyer, Hannah Dannereder, Dascha Morosow, Susanna Nagy und Corinna Schneider — 14. August 2016

Wer wieder Sport treiben will, muss richtig einsteigen und sich selbst erkennen.

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Sport ist Mord – das gilt vor allem im Leistungssport. „Wie bei vielem im Leben macht die Dosis das Gift“, sagt Alexander Woll, Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Zu viel Sport sei schädlich für Körper und Psyche.

„Der Mensch steht heutzutage in unserer Gesellschaft unter enormen Druck. Ziele wie höher, schneller, weiter stehen im Vordergrund. Eben auch im Sport“, meint Woll. Und das führe dazu, dass die Menschen auch im Training oft ihre Grenzen überschritten. Nicht auskurierte Verletzungen und die Verwendung unerlaubter Hilfsmittel seien Signale, dass irgendetwas falsch läuft.

Wer etwas für seine Gesundheit tun will, der muss sich erst einmal richtig selbst einschätzen. Deshalb sei es vor allem für Neu- und Wiedereinsteiger in den Sport wichtig, sich vorher medizinisch durchchecken zu lassen. Nur so könne man herausfinden, für welchen Sport man tauge und auf welcher körperlicher Verfassung man aufbauen könne, rät Woll.

Sonst läuft man Gefahr, sich zu überschätzen und unrealistische Ziele zu setzen. Und wenn man die nicht erreicht, weil man sie einfach nicht schaffen kann, dann erzeugt das Frustration und man bricht das Training wieder ab. Das gelte vor allem für Männer, die sich gerne zu viel vornehmen und mit intensivem Sport überfordern, hat Woll beobachtet. Frauen dagegen gingen generell realistischer mit sich und ihren Möglichkeiten um.

Der Mensch überschreitet oft seine eigenen Grenzen. Grund dafür ist der gesellschaftliche Druck.

Bevor man sich für ein Sportprogramm entscheidet, muss man mehrere Dinge beachtet, empfiehlt Stefan Panzer, Trainings- und Bewegungswissenschaftler an der Universität des Saarlandes: „Es hängt sowohl von der Altersgruppe als auch von der Vorerfahrung ab, welche Sportart für den Wiedereinstieg geeignet ist. Auf jeden Fall aber sollte eine moderate Belastung vorhanden sein.“

Senioren sollten darauf achten, nicht zu intensiv zu trainieren, da sie oft Vorerkrankungen haben. Wer beispielsweise schon Probleme in den Knien hat, dem tut es nicht gut, Tennis oder Squash zu spielen. Hier muss schnell angetreten und abrupt abgebremst werden. Dann wäre etwa Fahrrad fahren oder schwimmen besser, Sportarten also, die die Gelenke eher schonen.

Auch wer seine Kinder zu mehr Bewegung bringen will, muss ein wenig nachdenken, wie er das macht. Psychologie ist besser als stumpfer Druck. Kinder motiviert man am besten spielerisch, sagt der Karlsruher Sportwissenschaftler Woll: „Wichtig ist es, den Kindern viele Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Nur so bleiben sie am Ball und haben Spaß am Sport.“

Ein spielerischer Einstieg kann auch bei Erwachsenen funktionieren, indem man sich Mannschaftssportarten sucht. Allerdings, warnt Woll, sei etwa beim Kampf um den Ball der Belastungsbereich nicht so genau zu steuern wie in der Leichtathletik oder beim Skilanglauf. Und auch das kann zu Überforderung führen.

Ende vergangenen Jahres hat ein Team um den Sportmediziner Tim Meyer von der Universität des Saarlandes genau das zeigen können. Eins der Ergebnisse der Studie: Die Alten Herren in den Vereinen übernehmen sich regelmäßig und liegen mit 12,4 Verletzungen pro 1000 Fußballstunden im Bereich von Profispielern.
Alexander Woll rät daher zu Ausdauertraining: „Es ist besonders für Neu- und Wiedereinsteiger geeignet, da sich hier schnell Erfolge zeigen. Diese machen sich schon nach wenigen Einheiten im Sport und im Alltag bemerkbar“.

Einsteiger sollten mit einem Belohnungssystem arbeiten, das sowohl ihren Wettkampfwillen und die Lust befriedigt, sich zu fordern und auch mal körperlich auszupowern, wie auch den Wunsch nach einer besseren Gesundheit erfüllen kann, empfehlen die Experten. Das funktioniert beispielsweise so: Nach einer anstrengenden Sporteinheit belohnt man sich mit einer Abkühlung im Freibad oder mit einem leckeren Abendessen mit Freunden.

Allerdings sollte dieser Abend nicht in eine wüste Zecherei oder in ein Wettessen mit Pommes und fettem Schnitzel ausarten. Neben regelmäßigem Sport ist nämlich auch eine ausgewogene Ernährung wichtig. Dabei gilt: Alles essen, aber von nichts zu viel. Jede gesunde Mischkost ist besser als die zahllosen Diäten, die mit viel Marketing der Wohlstandsgesellschaft aufgeschwätzt werden.

Nicht nur der Mensch, auch die Natur stößt immer wieder an Grenzen. Die Studierenden der WMK-Lehrredaktion haben sich im Sommersemester 2016 mit dem ein oder anderen „Grenzgänger“ auseinandergesetzt. Sie wollten wissen, welche Körpergröße Tiere erreichen können, wie man seine Leistungsfähigkeit beim Sport richtig einschätzt und was es für Transsexuelle bedeutet, wenn das biologische Geschlecht nicht der persönlichen Identität entspricht. Unter der Leitung von Dr. Christian Gruber, Ressortleiter Wissenschaft bei der Rheinpfalz am Sonntag, entstand daraus eine Artikelserie. Wir wünschen viel Spaß beim Durchblättern!

Seminarleitung: Dr. Christian Gruber
Sommersemester 2016

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