Herausforderung Hochwasser

Jannick Holste, Jonas Meier-Arendt & Simone Schneidewind — 14. September 2019

Wie sich Karlsruhe schützt

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Millionenschäden, Überflutungen, lahmgelegter Verkehr – Die Folgen von Hochwasser sind vielfältig. Aufgrund des Klimawandels kommt es immer öfter zu genau solchen Ereignissen. Auch die Region Karlsruhe ist mit den Flüssen Rhein, Pfinz, Alb und über 100 weiteren Gräben und kleinen Bächen der Gefahr von Hochwasser ausgesetzt. In den letzten Jahrzehnten kam es hier mehrmals zu Überschwemmungen, wobei die Alb wesentlich öfter über die Ufer trat und deutlich mehr Schaden verursachte, als der Rhein. Dieser Umstand wird sich auch in Zukunft nicht verbessern. Aus diesem Grund folgt die Stadt Karlsruhe einer 3-Säulen- Strategie für den Hochwasserschutz.

Wie kommt es überhaupt zu Hochwasser?

Bei Hochwasserereignissen handelt es sich in der Regel um gewöhnliche Naturprozesse. Durch Schneeschmelze und Tauwetter kann es vor allem im Frühjahr zu einem erhöhten Wasserstand der Flüsse kommen. Da aber viele Flüsse in der Vergangenheit begradigt wurden oder Baugebiete bis an Flüsse heran genehmigt wurden, sind ehemalige Überflutungsflächen verschwunden. Als Folge davon können die Flüsse das Wasser oftmals nicht mehr fassen. Erschwerend kommt die Versiegelung von Flächen durch Asphaltierung hinzu. Das kann bei starken Niederschlägen dazu führen, dass das Wasser nicht mehr versickern kann und an der Oberfläche in Flüsse abfließt. Flüsse, die aufgrund des starken Niederschlags ohnehin schon zu viel Wasser tragen, laufen dann Gefahr, über die Ufer zu treten.

Hochwassergefahr in Karlsruhe

Bei Hochwasserereignissen spricht man erst von einer wirklichen Katastrophe, wenn Überschwemmungen auftreten und Schäden entstehen. Meist handelt es sich dabei um Wirtschafts- und Sachschäden, aber auch Menschen können hierbei verletzt werden. In Deutschland lagen die Kosten für extreme Folgeschäden von Hochwasser in den vergangenen Jahrzehnten bei 13 Milliarden Euro. In den 80er Jahren kam es auch in Karlsruhe mehrmals zu Katastrophenfällen, bei denen die Stadtteile Knielingen, Mühlburg und Daxlanden vom Albhochwasser überschwemmt wurden. Im Jahr 1978 war die Überschwemmung so stark, dass die Autobahn bei Rüppurr und Ettlingen gesperrt werden musste. Die Alb ist deshalb so anfällig für plötzlich auftretendes Hochwasser, da es sich hierbei nur um einen kurzen Mittelgebirgsfluss handelt. Der Wasserstand von kleinen Flüssen steigt viel schneller an als der des Rheins. Da die Vorwarnzeit dementsprechend kurz ist, wurde nach dieser Katastrophe ein System von Rückhaltebecken eingerichtet, das die Abflussmenge des Fließgewässern regulieren soll. Allerdings kam es 2002 zuletzt wieder zu einem extremen Hochwasser der Alb.
Der Hochwasserschutz an der Alb hat sein ehemals festgelegtes 100-jährliches Schutzziel verloren. Deshalb überarbeiten die Städte Ettlingen und Karlsruhe derzeit gemeinsam das Hochwasserschutzkonzept.
Vor allem mit Blick auf den Klimawandel hat die Wiederherstellung des 100-jährlichen Hochwasserschutz oberste Priorität für die Stadt Karlsruhe. Denn durch den Klimawandel kommt es öfter zu Starkregen, wodurch mehr Hochwasserereignisse entstehen. Auch Untersuchungen durch das länderund fachübergreifende Kooperationsprojekt „Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“ (KLIWA) bestätigen, dass es aufgrund der globalen Erwärmung bereits in den letzten 30 Jahren viel häufiger zu Hochwasserereignissen kam als die Jahrzehnte zuvor.

Hochwasserschutz in Karlsruhe, die 3-Säulen-Strategie

In Karlsruhe ist die Grundlage für den Hochwasserschutz die 3-Säulen-Strategie. Die Leitlinien dieser Strategie befassen sich mit dem technischen Hochwasserschutz, dem Hochwasser-Flächenmanagement und der Hochwasservorsorge. Zum technischen Hochwasserschutz gehören beispielsweise Dämme, Deiche, Schutzmauern sowie Hochwasserrückhaltebecken und Talsperren. In Karlsruhe finden an den Hochwasserrückhaltebecken regelmäßig Beckenschauen statt, um deren uneingeschränkte Funktion dauerhaft zu gewährleisten.
Dem Hochwasser-Flächenmanagement kommt eine hohe Bedeutung zu, denn wenn mehr Wasser in die Fläche, sprich die Retentionsräume fließen kann, werden die Flüsse entlastet. Die zukünftige Rückhaltefläche Bellenkopf/Rappenwört befindet sich derzeit im Planfeststellungsverfahren. Es ist auch vorgesehen, den Retentationsraum Oberfüllbruch zu sanieren. Weiterhin soll in Zukunft auf Flächenversiegelung soweit es möglich ist verzichtet werden und Dachflächenwasser soll in Mulden abfließen oder auf Gründ.chern versickern.
Zur Hochwasservorsorge gehört es auch dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger über Gefahren informiert werden. Das Stadtgebiet Karlsruhe hat deshalb im Jahr 2013 Hochwassergefahrenkarten veröffentlicht, die konkrete Informationen über die mögliche Ausdehnung und Tiefe einer Überflutung liefern und die fortlaufend aktualisiert werden. Jeder kann selbstständig auf der Webseite der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg in die Karten einsehen und eine Hochwasserrisikomanagement- Abfrage durchführen. Mit einer solchen Abfrage können besorgte Bürgerinnen und Bürger alle wichtigen Informationen über das ausgewählte Gebiet herausfinden. Zusätzlich wird vom länderübergreifenden Hochwasserportal, eine gemeinsame Initiative der deutschen Bundesländer, die kostenlose App „Mein Pegel“ zur Verfügung gestellt. Sie kann unter anderem den Nutzer informieren, wenn individuell konfigurierte Grenzwerte von Pegeln über- bzw. unterschritten werden. Außerdem lassen sich ganz einfach Informationen über aktuelle Wasserstände und Wasserstandsvorhersagen abrufen.
Informationen aus Hochwassergefahrenkarten oder der „Mein Pegel“ App können gleichzeitig genutzt werden, um Schutzmaßnahmen zu planen und zu optimieren. Darüber hinaus helfen sie bei der Entscheidung, ob geplante Baumaßnahmen wie beispielsweise das Einbauen eines Kellers oder Öltanks, durchgeführt werden dürfen.
Wichtig ist es auch, Sammelplätze, Fluchtwege und Einsatzpläne zu erstellen und die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen. Um bei einem Hochwasser vor Ort schnell und richtig reagieren zu können, hat die Stadt Karlsruhe zusätzlich für ihre Einsatzkräfte einen Alarm- und Einsatzplan erstellt.
Die Gefahr von Hochwasser bleibt weiterhin ein aktuelles Thema, da es in Zukunft aufgrund des Klimawandels immer häufiger zu Überschwemmungen kommen wird. Die Stadt Karlsruhe hat deswegen bereits viele Projekte in die Wege geleitet, um Gefahren durch Hochwasser einzudämmen und sich an den Klimawandel anzupassen. Für Bürgerinnen und Bürger werden Hochwassergefahrenkarten oder Apps wie “Mein Pegel” daher eine immer wichtigere Rolle spielen.

Handeln statt diskutieren – welche Auswirkungen hat der real existierende Klimawandel auf unser alltägliches Leben, was wird getan, was muss man tun? 19 Studierende der journalistischen Lehrredaktion des Studiengangs „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ am KIT beschäftigten sich mit Auswirkungen und Konsequenzen des Klimawandels in und um Karlsruhe. Über vier Monate hinweg tauchten die Studierenden im Sommersemester 2019 unter Leitung der Biologin und Journalistin Patricia Klatt tief ein in die Facetten der bestehenden und kommenden Veränderungen. Neben den Recherchen stellten sie Presseanfragen, besuchten Workshops, führten Interviews und hinterfragten die Motive der Scientists for Future. Die Ergebnisse des Ganzen wurden in verschiedener Form präsentiert:
Zum einen erarbeiteten die Studierenden das ausführliche Dossier »Handeln statt Diskutieren« als Abschluss der Lehrredaktion Print, zum anderen wurden Teile der Recherchen auch von der Karlsruher Lokalredaktion der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) in einer print- und online-Version dargestellt.
Für die BNN haben die Studierenden ihre Orginal-Beiträge umgeschrieben, gekürzt und vereinfacht. Die BNN-Redakteurin Tina Mayer bearbeitete die Texte dann final für die Karlsruher Lokalredaktion der BNN.

Seminarleitung: Patricia Klatt
Sommersemester 2019

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