Corinna Löffler & Ana-Maria Pisari — 14. September 2019
Invasive Tierarten
Auswirkungen des globalen Klimawandels begünstigen nicht-heimische Tierarten sich hier wohl zu fühlen. Ursprünglich durch unter anderem die steigenden Reisetätigkeit und den globalen Handel eingeschleppt, verbreiten sich auch in Karlsruhe und Umgebung Tierarten, die negative Auswirkungen auf die hier heimischen Tier- und Pflanzenarten haben können.
Diese Arten nennt man invasive Arten. Im folgenden Artikel wird ein kleiner Ausschnitt über invasive Arten in unserer Region vorgestellt und welche Handlungsoptionen und Vorkehrungen getroffen werden können.
Sein großes biologisches Potential…
In sämtlichen Gräben, Stillgewässern und Tümpeln des Oberrheintals, zwischen Schwarzwald und Karlsruhe, fühlt sich der aus ursprünglich Nordamerika stammende Kalikokrebs mittlerweile sehr wohl. Seit ungefähr 1993 breitet sich der bis zu 15 Zentimeter große Krebs aus. Durch die schon vor Jahren gebauten Entlastungskanäle ist ein Netz entstanden, was nun dem Kalikokrebs als Verbreitungsweg dient. Außerdem kann er auch über Land wandern, was seine Ausbreitung zusätzlich begünstigt. Gegenüber den einheimischen Krebsarten besitzt der Kalikokrebs enorme Vorteile in Bezug auf seine Entwicklung und damit Verbreitung. Da die ersten Jungen bereits im April zur Welt kommen, hat er einen Entwicklungsvorteil und findet noch gute Nahrungsquellen, so dass er bereits drei Monate später von einem Zentimeter auf fünf Zentimeter angewachsen ist. Hinzu kommt, dass er ab Juli geschlechtsreif wird, also mit circa drei bis vier Monaten. Unsere Krebsarten (zum Beispiel der Edelkrebs) hingegen können erst nach drei Jahren Nachwuchs erwarten. Ein weiteres großes biologisches Potenzial liegt darin, dass er Austrocknungen zum Beispiel in Tümpeln überleben kann. Durch die lauen Winter scheint es, als könne er mehr oder weniger aktiv den Winter durchstehen und sich damit weiter ausbreiten und entwickeln.
Eine gefährliche Ausbreitung
Eine weitere invasive Tierart ist die Tigermücke. Sie kommt ursprünglich aus den süd- und südostasiatischen Tropen und Subtropen und ist circa fünf bis zehn Millimeter groß. Die tagaktiven Blutsauger suchen überwiegend aktive Wirte aus und stechen während eines Stechzyklus oft mehrere Wirte. Die Effektivität der Krankheitsübertragung von Viren steigt damit und die Mücke dient gleichzeitig als sogenannter Brückenvektor, der die Erreger artenübergreifend übertragen kann. In Deutschland ist die Gefahr zwar als gering einzuschätzen, da aber die Mücke durchaus lokal verbreitet ist – wie in Karlsruhe – und die Invasion voranschreitet, kann es nicht ausgeschlossen werden. Eigentlich ein sehr schönes Insekt, der Buchsbaumzünsler: Die Raupe ist leuchtend grün mit schwarzen Einsprengseln und Streifen. Der aus Ostasien eingeschleppte Schädling befällt Buchsbäume und kann diese auch vollständig zerstören. Vielerorts sind bereits 80% der Bestände betroffen. Die Raupen fressen die Blätter und die Rinden an den Ästen. Dabei sterben alle Pflanzenteile des Baumes oberhalb der Fraßstelle ab. Das Weibchen legt innerhalb der neun tägigen Lebenszeit bis zu 150 Eier. Man geht davon aus, dass bis zu vier Generationen pro Jahr hervorgebracht werden. Vorwiegend betroffen sind klimatisch begünstigte Gegenden von Südwestdeutschland – vor allem der Oberrheingraben. Laut Forschern könnte man die Ausbreitung des Buchsbaumzünslers verlangsamen, in dem man den Artenreichtum von heimischen Insekten und Vögeln fördert. In diesem Repertoire könnte sich durchaus ein Gegenspieler des Zünslers finden (Erweiterung des Beutespektrums).
Kontrolle und Prävention
Eine frühzeitige Prävention des Kalikokrebses, der asiatischen Tigermücke und anderer biologischer Invasionen könnte den Artenrückgang in Karlsruhe verhindern. Als Standardkontroll- und Präventionsmöglichkeiten gelten die mechanischen, chemischen und biologischen Methoden der Bekämpfung. Am Beispiel des Buchsbaumzünslers wäre das Absammeln der Raupen und Puppen oder der Einsatz von wirksamen Pflanzenschutzmitteln geeignet. Eine biologische Methode wäre der Einsatz von Fadenwürmern gegen Jungraupen. In vielen natürlichen Lebensräume ist aber oftmals die mechanische, langfristige Bekämpfung die einzige Möglichkeit gegen eine invasive Ausbreitung. Eine chemische Bekämpfung würde die Entwicklung von anderen komplexen, Habitaten erschweren. Bereits vor der Ankunft invasiver Arten können regelmäßige Inspektionen und Risikoabschätzungen in natürlichen Lebensräumen und Gewässern durchgeführt werden. Diese erlauben die Kontrolle und das Monitoring der aktuellen biologischen Situation und können zu der Implementierung von künftigen Managementstrategien beitragen. Bei der Etablierung einer invasiven Art ist die Früherkennung und weitere Ausrottung über einen längeren Zeitraum unerlässlich. Ist eine Art bereits in dem Gebiet eingewandert, können Quarantäne- und Sperrzonen verwaltet sowie geeignete mechanische oder chemische Methoden einsetzt werden.
Bürger und Bürgerinnen können mehrere Informationen über die Bekämpfungsmethoden auf den Onlineseiten des Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz Karlsruhe finden, sowie der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage KABS e.V. (KABS). Da die asiatische Tigermücke sich immer mehr im Süden Deutschlands ausbreitet, hilft das digitale Faltblatt der KABS e.V. „Helfen Sie uns die Asiatische Tigermücke zu bekämpfen“, mit konkreten Bekämpfungsmaßnahmen, bei der jeder Einzelne mitmachen kann. Einige dieser Methoden sind zum Beispiel das Abdichten von Zisternen sowie die Entsorgung von unnötigen Wasserbehältern, wie etwa Regentonnen oder offen liegende Autoreifen, um die Eiablage der Mückenweibchen in den Fässern zu verhindern. Einzelne Verdachtsfälle und Entdeckungen können auch fotografiert und per E-Mail mit Anhang an ausgewählte Institutionen und Ämter in Karlsruhe gemeldet werden. Solche Institutionen sind zum Beispiel die Pädagogische Hochschule Karlsruhe oder das Amt für Umwelt und Arbeitsschutz Karlsruhe. Mehrere Informationen für die Meldung konkreter Arten bieten die Online-Plattformen der Institutionen. Durch den gegenwärtigen Klimawandel werden somit invasive Tierarten nicht nur in Karlsruhe, sondern überall in Gebiete gebracht, wo diese nicht heimisch sind. Inwieweit diese Auswirkungen sich weiter verschärfen werden, ist jedoch schwer zu prognostizieren. Laut Andreas Martens, Leiter des Instituts für Biologie und Schulgartenentwicklung der Pädagogischen Hochschule (PH) Karlsruhe, gibt es ein Risiko, dass man durch eine Ausbreitung des Kalikokrebses zukünftig einige bedrohte Arten verlieren wird, die ihre Restvorkommen am Oberrhein haben, wie etwa den Moorfrosch oder Laubfrosch. Die kommenden wärmeren Winter können für den Krebs einen Vorteil für seine aktive Ausbreitung darstellen.
Obwohl die Bekämpfungsmethoden zu einer möglichen Verhinderung der invasiven Artenausbreitung beitragen, stellen diese nicht nur die einzelnen Handlungsoptionen dar. Eine bessere öffentliche Bewusstseinsbildung und Förderung der Zusammenarbeit können die Situation wesentlich verändern. Durch die Unterstützung der Bürger/-innen in Karlsruhe können somit die Ausbreitungsmöglichkeiten beschränkt und die bunte, heimische Artenvielfalt gerettet werden.
Handeln statt diskutieren – welche Auswirkungen hat der real existierende Klimawandel auf unser alltägliches Leben, was wird getan, was muss man tun? 19 Studierende der journalistischen Lehrredaktion des Studiengangs „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ am KIT beschäftigten sich mit Auswirkungen und Konsequenzen des Klimawandels in und um Karlsruhe. Über vier Monate hinweg tauchten die Studierenden im Sommersemester 2019 unter Leitung der Biologin und Journalistin Patricia Klatt tief ein in die Facetten der bestehenden und kommenden Veränderungen. Neben den Recherchen stellten sie Presseanfragen, besuchten Workshops, führten Interviews und hinterfragten die Motive der Scientists for Future. Die Ergebnisse des Ganzen wurden in verschiedener Form präsentiert:
Zum einen erarbeiteten die Studierenden das ausführliche Dossier »Handeln statt Diskutieren« als Abschluss der Lehrredaktion Print, zum anderen wurden Teile der Recherchen auch von der Karlsruher Lokalredaktion der Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) in einer print- und online-Version dargestellt.
Für die BNN haben die Studierenden ihre Orginal-Beiträge umgeschrieben, gekürzt und vereinfacht. Die BNN-Redakteurin Tina Mayer bearbeitete die Texte dann final für die Karlsruher Lokalredaktion der BNN.Seminarleitung: Patricia Klatt
Sommersemester 2019